Wo sind all die Fasane hin? Wildtierforscher suchen nach Gründen für sinkende Population / Die „Gockeljagd“ muss ausfallen
von Klaus von der Brelie: Einst wurden sie zur Jagd in Niedersachsen eingebürgert, doch jetzt machen sie sich rar – sehr zum Ärger der Jäger. Es gibt in diesem Jahr zu wenig Fasane. Darum muss die traditionelle „Gockeljagd“ in den meisten Revieren in Niedersachsen und im benachbarten Münsterland ausfallen. „Das geht nicht anders und muss so sein“, sagt Josef Schröer, Vizepräsident der Landesjägerschaft.
Da die Fasanenpopulation im Emsland und den angrenzenden Landkreisen um bis zu 70 Prozent geschrumpft sei, verzichteten sehr viele Revierinhaber auf die Bejagung dieser Wildart. „Wo nichts ist, da ist auch nichts zu holen“, sagt Schröer, der wie kaum ein anderer dafür wirbt, dem Fasan, aber auch anderen Niederwildarten wie den Rebhühnern, bessere Lebensbedingungen in der Feldflur zu verschaffen.
„Da können, wir Jäger gemeinsam mit den Landwirten viel tun“, sagt Schröer, der in der Nähe von Lingen einen Bauernhof bewirtschaftet und miterlebt hat, wie die Agrarproduktion auf den Feldern in jüngster Zeit intensiviert wurde. „Wir müssen unbedingt Rückzugsräume für die Fasane und Rebhühner schaffen, auf unbeackerten Randstreifen könnten Brutplätze für viele Vogelarten entstehen.“
Schröer bekommt fast täglich Hiobsbotschaften von Jägern und anderen Naturfreunden zu hören. „Wo sind bloß die Fasane und die Feldhühner geblieben?“, ist die dabei am häufigsten gestellte Frage. Noch in den siebziger Jahren – als deutlich weniger Mais geerntet wurde – schössen die Jäger in Niedersachsen in jeder Saison 300.000 Fasane und mehr. Als Leckerbissen sind die Vögel nach wie vor sehr begehrt, doch nun sind sie auch von den Menükarten der meisten Feinschmeckerlokale verschwunden.
Warum sich die Fasane so rar gemacht haben, ist bisher nicht bekannt. Die Wildtierforscher an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover haben deshalb mit einer Vorstudie die Ursachenforschung eingeleitet. „Die Gelege der Fasane haben sich offenbar nicht verändert“, sagt TiHo-Experte Egbert Strauß. Die Hennen brüteten unverändert auf zehn bis zwölf Eiern. Allerdings sei die Kükensterblichkeit auffallend groß. Dies könne daran hegen, dass es nicht mehr genug Insekten in der Feldflur gebe. Möglicherweise trügen Pestizide und andere Umweltgifte zum Zusammenbruch der Fasanenpopulation bei.
Strauß und seine Kollegen würden gern eindeutige Antworten auf viele offene Fragen geben. Deshalb möchten sie ein mehrjähriges Forschungsprojekt starten. Ob das allerdings zustande kommt, steht bisher in den Sternen, Bis zu 400.000 Euro dürfte die Analyse kosten. Aber ein Geldgeber hat sich noch nicht gefunden. „Deshalb“, sagt Strauß, „forschen wir einstweilen bescheiden mit unseren Bordmitteln.“
Erschienen am 25.09.2012 in der HAZ
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